Desensibilisierung
Wenn sich die schönen Argumente „ Videospieler sind Mörder und werden für den Krieg geschult“ schlichtweg als falsch erweisen, dann schaltet man einfach einen Gang zurück und behauptet Dinge wie: „Computerspiele senken die Tötungshemmungen!“
Und auch das ist Quatsch, denn dem Spieler ist die Distanz zum Charakter, den er spielt, durchaus bewusst. Er wundert sich ja auch nicht, warum er keine Schmerzen verspürt, wenn sein Charakter getroffen wird. Doch das habe ich ja in einem vorherigen Kapitel schon erläutert.
Eine Studie nach der anderen gegen Computerspiele fällt um und die selbsternannten Kritiker werden immer weiter gegen die Wand getrieben, also erfinden Sie Argumente aus der Hölle, was diese doofen Videospiele nun doch noch anrichten könnten.
Frau Schiffer sagte beispielsweise bei ZDF Log In, dass mit Spielen die Steuerung von Drohnen geschult wird. Das ist natürlich vollkommen richtig. Heutzutage werden Kinder durch das Steuern von Drohnen zum Militär gelockt.
Klingt spannend. Wie Tötungshemmung auf Distanz funktioniert, wurde hier augenscheinlich nicht ganz verstanden, denn abgesehen davon, dass der Soldat sich nicht selbst in Gefahr begeben muss, ist gerade die Distanz bei Drohnen der Grund, die Tötungshemmung zu senken. Da braucht es kein Videospiel, das ist Realität.
Wie real Drohnenangriffe in Spielen sind, sehen wir bei Games wie Call of Duty in Levels, die an ein etwas besseres Mohrhuhn erinnern. Na da bekommt man doch gleich Lust sich eine Drohne bei Amazon zu kaufen.
Ähm, hier wird wohl übersehen, dass man den Einsatz von Drohnen heute schon real üben kann. Und nein, Videospiele sollen unterhalten. Sie versuchen nicht, den Drohneneinsatz realistisch nachzustellen. Das wäre wohl ziemlich langweilig.
im freien Spielen
Dennoch wirkt sich das Einbunkern in den eigenen vier Wänden hinter dem Computer negativ auf unsere Psyche aus und früher war alles anders, denn früher gingen wir noch an die frische Luft und haben miteinander gespielt, erklärt Herr Denk, ebenfalls bei ZDF Log In.
Da hat unser Experte natürlich Recht. Als wir als Kinder noch Räuber und Gendarm oder Cowboy und Indianer spielten, mit Plastikpistolen aufeinander zielten und mit Pfeil und Bogen aufeinander real schossen um uns gegenseitig zu vernichten, war die Welt noch in Ordnung.
Langsam müsste jedem bewusst werden, dass Menschen auch Krieg und Kampf zur Unterhaltung und als Reflexionsebene verwenden. Und wenn einige Eltern wüssten, was in den Puppen- und Barbiehäusern dieser Welt so abgeht, dann wäre schnell klar, dass dies kein rein männliches Problem ist. Und wenn es nicht Gewalt ist, dann ist es eben ein Beauty- und Schönheitsoperationswahn. Ach diese Menschen.
militärische Ausbildung
Also keine Mordkonditionierung und keine Drohnenausbildung, jedoch kling es nur logisch, dass das amerikanische Militär die Videospiele nutzt, um gerade jugendliche für die Armee zu rekrutieren. Behaupten zumindest Experten.
Glaubt man den Filmen von Michael Moor, so nutzt das amerikanische Militär alles und jeden, um zu rekrutieren. Dumm ist nur, dass der durchschnittliche Spieler über dreißig Jahre alt ist und sich in diesem Alter seltsamerweise überraschend wenige Familienväter für einen lebensgefährlichen Beruf außerhalb des Landes umentscheiden und ihre Kinder im Stich lassen.
Zumindest ist das amerikanische Militär so freundlich, seine Spiele in die ganze Welt zu verkaufen, damit auch andere Armeen die Affinität der Spieler zu Rekrutierungszwecken nutzen können. Ich stelle mir gerade vor, wie radikale Islamisten Call of Duty an türkische Kinder verschenken. Eine sehr fragwürdige Verschwörungstheorie, liebe Experten.
Distanz zum Charakter
Fußballfans behaupten, wir haben gestern 3:0 gewonnen, obwohl ihre Füße nie das Feld berührt haben. Überraschenderweise ist ihnen sogar bewusst, dass sie selbst nicht mitgespielt haben und auch kein Honorar für den Sieg bekommen werden.
Und auch bei Spielen ist vollkommen klar, dass der Spieler einen oder oft auch mehrere Charaktere spielt. Doch sind wir denn nun für nichts verantwortlich, was wir in Spielen entscheiden und wie wir handeln?
Videospiele reflektieren auf einer Metaebene, jedoch nicht direkt auf das Leben der Menschen. Wir foltern nicht wirklich und töten nicht real. In der Regel sind es die Videospiele selbst, die uns aufzeigen, wie sich unsere Aktionen auf die Spielwelt auswirken und welche Konsequenzen unsere Handlungen haben.
Videospiele sind nicht dämonische Geister, die auf einen schwachen Moment warten, um uns heimzusuchen, denn um sich von einem Videospiel überhaupt beeinflussen lassen zu können, muss man sich erst darauf einlassen.
Dies geschieht nicht aus Versehen, wie Spiele wie Flowers zeigen. Sie sind interaktiv und dennoch muss auch die Oma zuerst lernen, die Informationen vom Bildschirm wahrzunehmen. Ich habe das einfach einmal an meinen Eltern getestet, die bisher noch nie ein Videospiel gespielt haben:
Als erstes ließ ich meinen Vater Need for Speed spielen. Er fuhr einige Meter, bremste, lenkte und versuchte alles, die Bande nicht zu berühren. Ich zeigte ihm, dass man auch mit voller Geschwindigkeit gegen eine Wand fahren kann, doch selbst nachdem er überrundet wurde, konnte er sich nicht dazu überwinden, schneller zu fahren.
Da man so eine Mini-Studie zementieren muss, ließ ich anschließend meine Mutter an meinen PC. Und was lässt man so eine Mutter schon spielen. Natürlich Doom 3! Ich wusste, dass sie nur wenige Meter gehen musste, dort ein riesiges Skelett mit Raketenwerfer auf sie warten würde und sie höchstwahrscheinlich über den Jordan schicken würde.
Das Dämonenskelett kam, schoss und ging in den Nahkampf über. Rote Kratzattacken und Blut zeigten an, dass der eigene Charakter bald sterben würde, doch meine Mutter saß seelenruhig in meinem Sessel und fragte mich: „Was geschieht hier gerade eigentlich?“
Bei unserer Umwelt, Spielen und vielem mehr, das vermag uns zu beeinflussen, liegt es oft gar nicht daran, welche Auswirkungen uns andere einreden wollen, sondern viel mehr was wir selbst hineininterpretieren.
3 Kommentare zu Tötungshemmung und Computerspiele (MCPM 055)