Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford (Die Geschichte von)


Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford: Der Titel verrät uns mehr als die ersten zwei Stunden des Streifens. Western und Liebesfilme rangieren bei mir irgendwo auf der Höhe vom IQ von Donald Trump. Doch hin und wieder ergreift mich die Leidenschaft und dieses Mal entschied ich mich für: Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford. Und noch währen der Streifen läuft kann ich zu meiner Erleichterung feststellen: Ich bin wieder eine geraume Zeit vom Western geheilt.
Jeder, der entschleunigte Filme mag, bei denen selbst Schildkröten vor Langeweile zu häkeln beginnen würden, hat meinen Segen. Aber es tut doch nicht weh, wenn man sich zumindest an eine gemütliche Spannungskurve hält und wichtige Charaktere aufbaut. Jesses Krankheit und andere Details werden erwähnt, jedoch vom Regisseur und Brad Pitt in weiterer Folge sofort wieder vergessen. Dafür wurden die Dialoge während eines besonders unangenehmen Zahnarzttermins geschrieben und machen nur selten Sinn. Die Handlung wird teilweise wie eine langweilige Aufzählung vorgelesen oder springt ziel- und planlos herum – wenn denn überhaupt mal etwas passiert.
Jesse James rekrutiert eine Bande aus übertrieben ängstlichen Schurken, die an besonders schreckhafte Erdhörnchen erinnern. Die Hühner werden nach dem ersten erfolglosen Zugüberfall sofort wieder auseinandergetrieben und ich verstehe nicht, warum sie den restlichen Film so tun, als wären sie voll die eingeschworene Bande. Ein paar verstecken sich am Arsch der Heide und plötzlich wird aus dem wilden Westen eine verstörende Liebesschnulze. Also zwei meiner Lieblingsgenres.
Charlie Ford brachte seinen Bruder Bob in die Bande, der Jesse wie einen Helden verehrt, doch keine Anerkennung findet. Er darf ein paar Tage den Butler spielen, zieht dann doch in den Unterschlupf, während andere wieder wegziehen und ich mir vorkomme, als würde ich mir gerade den Umzugssimulator ansehen. Irgendwann weiß ich nicht mehr, wer jetzt genau wo wohnt, also besucht Jesse die einzelnen Mitglieder, um sie zu töten, damit ich mir nicht so viel merken muss. Er verkleinert also die imaginäre Bande, während sich andere selbst über den Haufen schießen und ich mich frage, was mir diese zusammenhanglosen Szenen, in denen nicht einmal aus Versehen Spannung aufgebaut wird, sagen sollen. Die knallharten Bankräuber und Mörder lügen wie katholische Internatsschüler und sind die Archetypen von Unrealistisch. Wahrscheinlich hat der Film bei den Kritiken so gut abgeschnitten, weil man sich einfach nicht mehr erinnern kann, was eigentlich schon passiert ist.
Bob verrät die Bande, wobei ich jetzt nicht weiß, ob er die ganze Zeit ein Spitzel war oder wann genau er sich dafür entschieden hat. Der Regisseur erspart uns Details, da uns die Motivation der einzelnen Charaktere wohl zu sehr aufregen könnte. Wenn ich schlafen will, schalte ich den Fernseher eigentlich ab, aber vielleicht bin ich da ein bisschen eigen.
Plötzlich arbeitet Bob bei Aldi, kündigt und irgendwann reiten nur sein Bruder Charlie und er mit Jesse. Sie haben eine unbestimmte Angst, dass er sie wegen des Verrats töten könnte. Wir driften in eine Therapiestunde mit Jesse ab und spannen uns Zahnstocher unter die Augenlieder, um wach zu bleiben. Irgendwann wird selbst Jesse müde, legt seine Waffen weg und gibt Bob so lange Zeit, dass selbst ein Blinder mit Parkinson ihn irgendwann erschossen hätte. Dramaturgie at it´s best. Endlich haben wir das Intro hinter uns gebracht und sind nach zwei Stunden da, was wir schon vom Titel her wissen. Jesses Frau, die noch keine zwei Minuten charakterisiert wurde – bei zwei Stunden hatte man da bisher einfach noch keine Gelegenheit – heult nun rum und sorgt für die Gefühle.
Gerade als ich austesten wollte, ob man einen Sprung aus dem vierten Stock überleben kann, wird die Geschichte tatsächlich interessant. Vielleicht, weil es endlich eine Geschichte wird. Die beiden Ford-Brüder werden berühmt und führen die Ereignisse auf Bühnen auf. Bob muss somit immer wieder die Ermordung von Jesse nachstellen. Doch langsam wird der Tote zu einer Robin-Hood-Figur und die USA beginnt den Feigling Robert Ford zunehmend zu verabscheuen. Charlie beschließt eine Kugel seinem Herzen vorzustellen, während Bob in Depressionen verfällt und letztendlich von einem Nebendarsteller getötet wird, der anschließend nach einer Petition wieder freigelassen wird. Vielleicht hätte der Film wirklich beim Titel anfangen und den Rest ausführlicher zeigen sollen. Der wirkt nämlich ziemlich stimmig. Naja, vielleicht wage ich doch noch einen weiteren Western.

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