Jurassic World (Die Geschichte von)

Jurassic World wollte sich nicht an dem großen, gelungenen Vorbild von Jurassic Park von Steven Spielberg orientieren, sondern das Grundkonstrukt einfach kopieren und von allem viel mehr mit dem Holzhammer in den Film prügeln. Dies wird durch die unzähligen, kurz angedeuteten Hintergrundgeschichten und die lose verstreuten Emotionen eindrucksvoll verdeutlicht. Die Brüder lieben sich, doch der ältere hat die Mädchen entdeckt, die Eltern stehen vor der Scheidung, doch könnten sich noch versöhnen, die Schwestern lieben sich, doch sind zerrüttet, die Tante blickt auf den Machojäger herab, in den sie sich unweigerlich verlieben wird und sogar die Tiere haben irgendeine zufällige Beziehung zueinander. Der Zuseher wartet nur noch darauf, dass Bambi kommt und seine Mutter stirbt, als sich der Film wieder daran erinnert, ein Actionwerk zu sein.
Bei den unzähligen stereotypischen und extrem unsympathischen Charakteren kann man sich erst gar nicht entscheiden, wer nun der eigentliche Antagonist ist, wobei ich die Dinos noch nicht einmal in meine Liste aufnehme. Die Geldgeber wollen mehr Geld, die Organisatoren wollen keinen Zwischenfall, die Wissenschaftler möchten uneingeschränkt forschen und das Militär möchte Dinosoldaten. Da selbst David Lynch nicht so viele Themen in einen Actionfilm packen könnte, sind die meisten Charaktere nur Dinofutter und überaus schlecht charakterisiert. Der Rotschopf möchte nur kategorisch arbeiten, hat keine Gefühle und weiß nicht, was Kinder sind, seine Schwester und die Kinder weinen ohne interessanten Kontext, der Wissenschaftler ist ein gewissenloser Statistiker und der Typ vom Militär ein Vollidiot.
Da es schließlich doch hauptsächlich darum geht, dass Dinos über die Leinwand trampeln, wird kein einziges Thema vertieft oder gar aufgearbeitet. Wie wurde aus dem Jurassic Park, der ja nicht so ganz geklappt hat, Jurassic World und warum zeugt nur noch ein T-Shirt von ihm? In dieser fiktiven Parallelrealitä gehören Dinos quasi zum alltäglichen Leben und der Rotschopf hat nun Angst, dass niemand mehr in den Park kommen möchte, wenn sie nicht ständig neue Attracktionen designen. Da Menschen in Zoos sogar Hunde und Katzen bewundern, halte ich ihre Bedenken bei Dinosauriern für etwas übertrieben.
Auf der Insel kann nach Herzenslust DNA verschiedenster Wesen gekreuzt und neue Wesen erschaffen werden, während ein Junge noch mit Einwegkamera herumläuft. Wir sprechen hier nicht von gezüchteten, sondern designten Wesen. Welche Organisation der Welt könnte da schon Einwende haben, außer alle Moralischen, die nicht auf Profit fokussiert sind? Was sollte schon schief gehen, wenn unsere lieben Wissenschaftler einen T-Rex mit allen Stealth- und Kampffähigkeiten ausstatten, die das gesamte Tierreich zu bieten hat? Nicht, dass die Wärmesignaturerkennung, die Täuschung von Wärmekameras und ein Tarnschild der Klingonen für den Film irgendwie wichtig wären oder dramaturgisch eingesetzt werden. Nein, es klingt einfach nur geil und Quantität ist viel wichtiger als Qualität. Weder unser Rotschopf, noch der Besitzer des Parks oder irgendjemand anders wissen, was ihre neue Hauptattraktion, der designete DNA-Dino kann. Wie von vielen Arten bekannt ist das Vieh einfach geschlüpft, aufgewachsen, ohne je eine seiner Fähigkeiten auszuprobieren und preis zu geben und zieht nun los, um den Park zu terrorisieren. Katzen zeigen ihre Krallen auch erst, wenn sie zehn Jahre alt sind. Und warum interessiert sich niemand der Vorgesetzten dafür, was diese Wissenschaftler da eigentlich erschaffen?
Endlich wird unser Macho vollends präsentiert, der mit seinen Kollegen mutiger ist, als Teenager, die sich freiwillig in der Elm Street zum Schlafen legen. Sollten die nicht Menschen in Kriegsgebieten helfen, anstatt hier Dinos zu ärgern? Unser Machojäger hat in unserer Parallelrealität, in der DNA gekreuzt werden kann und Dinos zum Alltag gehören, augenscheinlich kein Telefon, weshalb Rotschopf mit ihrem Auto zu seinem Camper im Nirgendwo fahren muss, um ein vollkommen unnötiges Gespräch zu führen.
Der DNA-Dino wendet nun James Bonds Trick an und versteckt sich, damit alle glauben, er ist aus seinem Gehege geflohen. Als würde nicht auffallen, dass ein T-Rex zwischen den Kirmesständen herumschleicht. Macho und der Rest fallen darauf herein, was uns wohl zeigen soll, dass man auf den IQ von keinem einzigen der Protagonisten in diesem Film neidisch sein muss. Der DNA-Dino greift nun an und obwohl der Machojäger nun weiß, dass er Wärmesignaturen erkennen kann, versteckt er sich unter einem Auto. Zum Glück verfügt der Park über ein charismatisches Einsatzkommando von einer handvoll Soldaten, die in ihrer einzigen Szene ein lebendes Buffet mimen. Warum der Film bei einem solchen Massaker ab zwölf freigegeben ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
Rotschopf kommt nun der Gedanke, dass ihre Schwester leicht verstimmt sein könnte, wenn ihre Kinder von einem Dino gefrühstückt werden, weshalb sie den Macho bittet, ihre beiden Neffen zu suchen. Anstatt mit Autos rollt man heutzutage mit Glaskugeln durch den Park, damit man mehr sehen kann. Die Kugeln haben einen Steuerknüppel, mit dem man sie mitten in den Gehegen von Panzerdinosauriers frei steuern kann. Was könnte schon schiefgehen? Eine Szene später sind die Jungs in dem Punchingball in ein Tennismatch zwischen zwei Dinosauriern mit Baseballkeulenschwänzen maßgeblich integriert. Rotschopf ruft währenddessen bei ihren Neffen an, doch die Verbindung bricht ab. In dieser DNA-Design-Realität gibt es wohl keine SMS. Als Rotschopf dann noch tote Dinos sieht, bekommt sie endlich Gefühle, weint für die Emotionen und wird schon fast menschlich. Sie hat ihre Neffen seit sieben Jahren nicht mehr gesehen, doch als sie ihr Handy findet, kann sie es natürlich sofort zuordnen. Aufgeregt will nun unser Machojäger, der früher bei der Navy war, mitten im Hoheitsgebiet der Dinosaurier ein Auto reparieren und legt seine Waffe dabei weg. Sogar ein Pfadfinder würde nicht so einen dummen Fehler begehen. Der DNA-Dino greift an, doch Rotschopf ist mit ihren Sieben-Meilen-Highheels schnell genug, um ihm zu entkommen. Durch den ganzen Stress hat sie plötzlich eine andere Frisur, ich vermute von einem Freizeitparkfriseur, und sieht nun nicht mehr aus, als würde sie unentwegt durch einen Fensterrahmen starren. Sie verspricht ihre Neffen nie wieder alleine zu lassen, setzt sie in ein Auto und lässt sie darin alleine. Da kann nun nichts mehr geschehen: Stichwort Wärmesignatur mit Größenunterschied zwischen Auto und DNA-Verbessertem T-Rex.
Eine Einsatztruppe der Armee kommt und wird sofort charakterisiert. Um sie als besonders hart darzustellen, schießen sie wehrlose Dinovögel ab. Irgendwie fehlen mir in diesem Film die sympathischen Charaktere. Pvt. Paula aus Full Metal Jacket übernimmt nun die Führung, denn er möchte neben Hunden und Kampfdelfinen Raptoren im Krieg einsetzen. Geniale Idee. Da unser Macho das Alpahtierchen der Raptoren ist, muss er nun mit seiner Herde den DNA-Dino jagen. Warum sollten Raptoren einen gigantischen Dinosaurier jagen, während sich unzählige Häppchen durchtrainierter Soldaten in ihren eigenen Reihen anbieten? Da das Ziel jedoch auch Raptoren-DNA in sich trägt, wird nach wenigen Minuten doch noch das Menschenbuffet geöffnet. Ein sehr kurzer Auftritt unseres Soldantenfutters. Warum die Schnitzel nicht sofort den Rückzug antreten oder der Kampf zumindest irgendeine Art von Dramaturgie aufweist, fragt sich hier niemand mehr. Als sich nun der DNA-Dino gegen den Alphamacho wendet, wird er plötzlich von den Raptoren beschützt. Ich dachte ja immer, dass das Alphamännchen stärker als seine Artgenossen ist und nicht beschützt werden muss. Da würde es ja sogar noch mehr Sinn machen, wenn er schwanger wäre.
Abgesehen von dem T-Rex, den Raptoren, dem Baseballverein, einem Riesenkrokodil und einigen Vögeln kommen echt wenig Dinos vor. Die Raubtiere gehen am Ende ihrer Wege, der IT-Charakter schaltet das Licht aus und alles ist gut. Dass sich noch zahlreiche überdimensionale Raubtiere, unter anderem ein verletzter und überaus wütender T-Rex und Kampfvögel in unmittelbarer Nähe befinden und die Gefahr noch lange nicht gebannt ist, scheint niemanden mehr zu stören. Schließlich kommen sogar noch die Eltern der Jungs vorbei, augenscheinlich um ein bisschen vom Todesangstflair mitzubekommen. Welcher Dramaturge würde hier schon zeigen, wie alle mit einem Schiff im letzten Moment aufs sichere Land fliehen? Apropos sicher: Es wird vollkommen ignoriert, dass die Kampfvögel und das Riesenkrokodil über das Wasser kommen können und eigentlich alles schnellstens evakuiert werden müsste. Stattdessen kommen nun auch noch alle Angehörigen der Parkbesucher zum Buffet. Da dieser Schwachsinn kaum noch zu überbieten ist, blendet der Film endlich ab. Doch nicht ohne einen Endsatz, der dem Wort Fremdschämen eine neue Bedeutung gibt.

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