Arbeitslos (MCPM 033)


Armut und Langeweile sind eine fatale Kombination für jeden Staat. Aufopfernd kümmern sich deshalb die Politiker um ein wenig Zerstreuung mit Brot und Spielen oder um ein bisschen Ablenkung durch diverse Kriege, damit die Masse keinen Unsinn anstellt.
Outbound Callcenters zwingen überforderten Bürgern via Telefon wertlose Verträge und Gewinnspiele auf, Möchtegernbauherrn kaufen Berechtigungslizenzen und Kleinunternehmer wechseln nach der Steuerbefreiung die Gewerbeangemeldeten oder gehen in Konkurs, um auf ihre Ehepartner oder Verwandte umzumelden.
Die Qualität einiger legal erwerbbarer Produkte vermittelt den Eindruck, dass sie schon vom Ansehen kaputt werden oder mittels Geniestreich gerade bis nach der Gewährleistung halten und mit der heutigen Dienstleistung fange ich erst gar nicht an.
Augenscheinlich zahlen nur verhaltensauffällige Bürger wie ich Steuern und leisten ihren Beitrag, während der Staat in aller Ruhe zusieht, wie andere das System biegen und brechen, ohne seine zahlenden Bürger davor zu schützen.
Selbst bei so fragwürdigen Sendern wie Neun Live brauchte Deutschland an die zehn Jahre, um den Laden dicht zu machen. Schon damals haben selbstbetitelte Mitarbeiter des Senders vor der Kamera behauptete, dass alles abgesprochen ist, weshalb wir dem Staat nun für seine überaus  schnelle Reaktion danken.
Ich erkannte, dass zahlreiche Menschen in unseren Ländern in einem nebulösen Graubereich arbeiteten, als mich plötzlich eine Erkenntnis traf. Arbeitslose sind für einen Staat immer noch wesentlich unangenehmer als Menschen, die in zwielichtigen Berufen arbeiten.
Diese Menschen liegen nämlich nicht dem Staat auf der Tasche, sondern erleichtern jene Bürger um ihr Vermögen, die ohnehin nicht die hellsten Kerzen im Kronleuchter sind und in den Medien keine Nachhaltigkeit finden. Doch was ist mit jenen, die sich nun doch gegen einen fragwürdigen Beruf und für die Arbeitslosigkeit entschieden haben?
Zwar fehlen gerade in sozialen Bereichen, im Katastrophendienst und aktuell bei der Flüchtlingshilfe unzählige Arbeitskräfte, aber es wäre ja unmenschlich Arbeitslose zum Füllen dieser Lücken zu verwenden.
Selbstverständlich ist es besser ihnen das Geld einfach so hinterher zu werfen, während Menschen in Not niemanden haben, der sich um sie kümmert. Und als euer HD Somebody Else einmal um Mindestsicherung ansuchte, wurde ich wegen meiner Unfähigkeit gemaßregelt, während ich am Nachbartisch ein Gespräch mitanhörte:
Die Tante vom Amt: „Wir haben Sie in einen Deutschkurs geschickt, doch Sie waren nur zwei Mal dort. Seither ist ein Jahr vergangen.“ Er in sehr gebrochenem Deutsch: „Ich hatte keine Lust auf den Deutschkurs.“
Die Tante: „Wir können Sie nicht vermitteln, wenn Sie unsere Sprache nicht sprechen. Außerdem haben Sie einem anderen den Platz im Kurs weggenommen. Sie müssen mir versprechen, nächstes Jahr den Kurs zu besuchen. Immerhin bekommen Sie und ihre Frau Mindestsicherung.“ Im selben Moment erklärte mir meine Betreuerin: „Sie bekommen leider keine Mindestsicherung.“
Während also andere Bürger nicht bereit sind die Sprache eines Landes zu lernen oder Sprachkundige mit fleckigen Jogginghosen und wahnwitzigen Forderungen bei Bewerbungsgesprächen auftauchen, sieht der Staat offensichtlich keine große Notwendigkeit jenen zu helfen, die tatsächlich arbeiten wollen.
Die Würde eines Menschen blüht erst in der Arbeitslosigkeit so richtig auf. Die Mitmenschen geben einem hilfreiche Tipps, beklagen kopfschüttelnd: „Ich kann gar nicht verstehen, warum du nicht schon längst wieder einen Job hast“, und erzählen gepeinigt, wie schwer ihnen ihre Arbeit fällt.
Meine Lieblingsmotivationsansprache möchte ich euch nicht vorenthalten. Eine Verwandte erzählte mir: „Ein Absolvent einer Schule für Verhaltensauffällige gibt bei den Vorstellungsschreiben immer an, dass er mehrere Doktortitel hat, zwischen fünf und zehn Sprachen spricht und bereits alle Teile der Welt privat wie beruflich bereiste. Auch bei den Vorstellungsgesprächen übertreibt er maßlos. Meistens fliegt er innerhalb des ersten Monats wieder aus seinem Job, da seine Lügen auffallen.“
Und nun ihre Frage an mich: „Wie kann das eigentlich sein, dass er einen Job nach dem anderen bekommt und du keinen einzigen?“

Am Arbeitsamt wird die Menschwürde hochgehoben und der Bürger bekommt uneingeschränkte Hilfe. Es sei denn, man hat vorher auch tatsächlich durch seine regelmäßige Arbeit Steuern bezahlt und somit ein Recht auf Arbeitslosengeld und will auch tatsächlich arbeiten.
Was waren eure skurrilsten Erfahrungen in der Arbeitslosigkeit?

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