Früher war alles besser! (MCPM016)


Schrift, Buchdruck, Elektrizität, Telefone, Fernsehen, Computerspiele, Handys und das Internet. Brauchen wir die moderne Technik wirklich? Die Technik ist Fluch und Segen zugleich, doch früher war einfach alles besser.
Als Mägde noch konsequenzlos vergewaltigt werden konnten, anschließend schwanger von den Bauern verstoßen wurden, nie wieder Arbeit fanden und ihre Babys verhungerten; als der Mann noch beruhigt fremdgehen durfte, da sich keine Frau eine Scheidung leisten konnte und als man noch an jedem Beinbruch sterben musste, da war einfach alles besser.
Sex führte unweigerlich zur Schwangerschaft, die Mütter starben anschließend im Kindsbett, die Babys an den Folgen der Geburt und die Väter mussten weitere Frauen begatten, damit sich wenigstens irgendjemand im Alter um sie kümmerte.
Jene, die die Geburt überlebt hatten, stellten sich vor, dass die Tannenzapfen mutige Ritter waren und Mädchen kuschelten frierend mit ihren Puppen aus Holzscheiten unter dem Stroh, während sie sich Splitter einzogen.
Fahrzeuge und öffentliche Verkehrsmittel waren eine Seltenheit, weshalb wir uns mit dem Teil der Menschheit arrangieren mussten, der sich zufällig um uns herum angesiedelt hatte oder wir blieben einfach alleine.
Obwohl wir weder Buchdruck noch Fernsehen unbedingt gebraucht hätten, nahmen wir sie widerwillig an und freuten uns über die Qualitätssender mit famosen Unterhaltungsshows, deren Namen ich nicht wage zu nennen. Das ist wie bei Voldemort. An der Qualität des Fernsehprogramms hat sich allerdings nicht viel geändert.
Nerds konnten sich nicht gemütlich zuhause hinter ihrem Computer verkriechen und mit anderen Menschen dieser Welt sozial interagieren, sondern steckten ihre Nase in Bücher und verreckten einsam und alleine. Aber davon wusste praktischerweise keiner etwas und wie es so schön heißt: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
Es war nicht nötig, geschweige denn möglich, sich über Angebot und Inhalt von Produkten zu informieren, weshalb wir mit Freuden zwangsbeglückt wurden und auf gut Glück konsumierten, worauf wir eigentlich keinen Bock hatten.
Und es ward das Internet. Plötzlich konnte sich jeder Vollidiot über aktuelle und längst vergangene Themen informieren und selbst studierte Bürger konnten nur schwer mithalten, wenn sie sich nicht ebenfalls dieser satanistischen Technik hingeben wollten. Wo bleibt da der Klassenunterschied in Punkto Bildung?
Bald konnte sich in erste Welt Ländern jeder Nahrung, Kleidung und die wichtigsten Unterhaltungsmedien leisten und sogar die Handys wurden erschwinglich. Plötzlich war jeder Mensch zu jeder Minute seines Lebens erreichbar.
Der Virus des Burn Outs war auferstanden und begann sich langsam in der Bevölkerung zu verbreiten. Früher arbeiteten die Menschen 7 Tage die Woche 16 Stunden am Tag und ein einziges Widerwort hätte sie die Existenz gekostet.
Doch heute wird die Menschheit mit unbewältigbaren 40 Wochenstunden und lediglich 5 Wochen Urlaub pro Jahr gepeinigt. Ich habe gehört, dass sich inzwischen neben Krieg, Hunger und Tod der vierte apokalyptische Reiter in „moderne Technik“ umbenannt hat.
Wie habe ich mich als Kind gefreut, wenn ich den ganzen Tag alleine spielen musste, nur um am nächsten Tag in der Schule zu erfahren, dass es drei anderen Kammeraden ebenso erging. Ein Handy hätte uns um die Erfahrung der Langeweile gebracht.
Und auch mein Verwandter wäre um den angenehmen Genuss einer Rundfahrt umgefallen, als ihm eines Morgens ein Leiterwagen auf den Zeh fiel und diesen brach. Seine Schwester chauffierte ihn in dem Wagen durch die ganze Ortschaft nach Hause, wo sich jedoch niemand befand, während sich der Wagen langsam mit Blut füllte und mein Verwandter einem wohligen Schüttelfrost unterlag.
Seine Schwester brachte ihn in das nächste Dorf, wo nach langem Suchen über ein Telefon endlich ein Krankenwagen gerufen werden konnte. Dann musste der schreiende Junge nur noch zur nächsten Straße gebracht werden.
Was für ein spaßiger Tag muss das gewesen sein, mit dem schreienden Kind im Leiterwagen. Und am Abend dann die erfreuliche Nachricht vom Arzt: „Das Bein muss leider amputiert werden. Wärst du da mal früher gekommen.“ Zum Glück gab es damals noch keine Handys.
In der heutigen Welt fällt man ganz einfach um den Spaß um, sich einen Treffpunkt genau ausmachen zu müssen und dann trotzdem viele Stunden einander zu suchen, Tage in Bibliotheken ohne sinnvolles Ergebnis zu recherchieren oder blind einen Urlaubsort auszuwählen, um dann sein blaues Wunder zu erleben.
Wer sich heute nicht ausreichend informiert, gilt als mutig, nur weil er sein Geld mit vollen Händen für Dinge beim Fenster hinauswirft, die er eigentlich gar nicht konsumieren wollte. Wo bleibt denn da das Abenteuer?
Selbst unsere Liebsten sind auf dem ganzen Planeten jederzeit zu erreichen und kaum noch jemand morst oder schreibt Briefe und verschickt diese für ein kleines Vermögen. Nicht einmal Schiffe zerschellen mehr an den Klippen, wenn der Leuchtturmwärter wieder einmal besoffen im Bett liegt, denn sogar Segelboote haben heutzutage ein Navi.
Ein Gesundheitssystem, das noch nichts über Bakterien und Hygiene wusste, sorgte für eine angenehme Spannung im Operationssaal. Heutzutage schaffen es tatsächlich Menschen bis ins hohe Alter halbwegs schmerzfrei zu leben. Wie langweilig?
Wenn man schon nicht mehr herumlaufen kann, dann möchte ich doch wenigstens, dass in meinem Körper die Party abgeht. Und selbst die Unterschicht hat heutzutage vor dem Gericht Rechte. Gute, alte Zeit, wo bist du nur geblieben?

Die Gegenwart ist grau und trist und gerade alte Menschen sind der Meinung: Früher war alles besser! Würdet ihr lieber in einer Zeit leben, wo ein Brief noch wahre Bedeutung hatte oder seid ihr mit den technischen Errungenschaften unseres Alltags glücklicher?

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