Der Führerschein ist ein Fluch und ein Segen zugleich. Man könnte theoretisch beruhigt überall hinfahren, wenn man sich das Benzin leisten könnte und nur Lenker auf den Straßen wären, die zumindest eine schemenhafte Vorstellung eines mit Hirn beglückten Autofahrers hätten.
In den Jahren nach meiner Führerscheinprüfung beobachte ich also, wie eine 90 jährige Oma zig Kilometer mit heißen 40 km/h auf der Überholspur der Autobahn dahinraste und lernte einen Herren kennen, der immer den neuesten Mercedes fuhr, dabei einen schicken Hut trug, die 30 km/h noch nie überschritten hatte und jedes Mal an den Straßenrand fuhr, wenn ihm ein Auto entgegenkam.
Irgendwann dachten sich sogar die Politiker, dass Menschen mit Führerschein regelmäßig überprüft werden sollten. Ich falle zwar nicht mehr in diese Gruppe, doch da ich so clever war, beim Militär meinen LKW-Führerschein zu machen, muss ich diesen nun alle 5 Jahre verlängern.
Voller Vorfreude gehe ich also zur Gesundenuntersuchung, werde sofort von einer Ärztin zurechtgewiesen, weil sie eine Aversion gegen Berührungen und das Händeschütteln hat – falscher Beruf liebe Tante – und mich direkt an ihren Kollegen verweist. Und so beginnt meine Untersuchung.
Arzt: „Strecken Sie die Hände aus. –Toll, Sie kommen also zum Lenkrad. Öffnen und schließen Sie die Hände. –Super, Sie können das Lenkrad sogar greifen. Berühren Sie mit ihrer Nasenspitze ihren Finger.“ „Ähm?“ „Sehr gut. Sie haben also heute noch keine Drogen konsumiert. Halten Sie sich ein Ohr zu!“ Sehr lautes Geflüster folgt.
„Sensationell. Sie könnten problemlos eine Sirene wahrnehmen. Halten Sie sich ein Auge zu. Fester. Fest draufdrücken!“ Während ich also meine Hand auf mein Auge presse erkläre ich: „Ich habe vor kurzem einen Sehtest gemacht und sehr gut abgeschnitten.“
Der Arzt erwidert: „Mein Test ist effektiver. Fest zudrücken. So lesen sie die Zeile vor. Sehr gut. Das andere Auge.“ Mit einem Ansaugbloppgeräusch entferne ich meine Hand vom Auge und sehe Sterne, während der Arzt meint:
Das Lesen beim ersten Auge funktionierte schon so gut, dass wir jetzt mit den kleinen Buchstaben fortfahren. -Was, Sie sehen nichts. Na dann gehen sie einfach näher heran. Sehr gut und nun folgt ein Sehfeldtest.“
Ich: „Habe ich auch gemacht. Der Arzt konnte nicht glauben, dass ich so gut abschneide und ich musste den Test wiederholen. Insgesamt hat es 480 Mal geblitzt. Echt nervig.“ Der Arzt erwidert: „Mein Test ist zuverlässiger.“
Der Onkel Doktor beginnt mit seinen Fingern vermeintlich außerhalb meines Sehfeldes zu wackeln. Ich soll sagen, wann ich die Finger sehe, also meine ich: „Ich habe ihre Finger nie nicht gesehen. Sie halten sie mir ja quasi in meine Augen.“ Der Arzt: „Dann wird’s wohl passen. Ich messe jetzt ihren Puls. -Vorhanden. Bestanden. Kostet € 30,–„
Der ganze Spaß hat keine fünf Minuten gedauert und schon wieder sorge ich mich, wenn ich mich hinter ein Steuer setze, weil ich eine immer bessere Vorstellung von dem bekomme, was mir auf unseren Straßen so entgegenkommen kann.
Bei der ersten Gesundenuntersuchung hatte der Arzt vergessen das EKG anzuschließen und meinte: „Sie stört es sicher nicht, wenn Sie nochmals zwanzig Minuten auf dem Laufband absolvieren.“
Bei der zweiten führte ich lediglich ein nettes Gespräch mit dem Arzt und bei der oberflächlichen Untersuchung für den Führerschein kam ich mir dann endgültig veräppelt vor. Was sind eure Erfahrungen mit Routineuntersuchungen?
11 Kommentare zu die Abzocke – ärztliche Untersuchung (MCPM 034)