Eine Bekannte heiratete Anfang 2018 einen Inder, den sie in den USA traf und mit dem sie nun in Dänemark lebt, in Chennai, was meine Freundin und ich zu einem Urlaub mit anschließendem Aufenthalt in Sri-Lanka nutzten. Hier nun mein Reisebericht über die zwei Wochen.
Entweder wollen furchtbar viele Europäer illegal in Indien einwandern oder das Land benötigt das Geld der Touristen nicht, denn es ist eher schwierig, ein Visum zu bekommen, welches wiederum so schnell abläuft, dass man den Flug schon lange vorher buchen muss.
Freundlichkeit wird anders geschrieben, denn selbst die USA akzeptiert Pässe und deren Passfotos aus der EU, Indien jedoch nicht. Dort muss man ein quadratisches Foto einschicken, das unsere Kameras nicht knipsen können.
Nach langem Suchen fanden wir auf der offiziellen Homepage ein Programm, mit dem wir unsere Fotos zuschneiden konnten. Hier jedoch eine Warnung, denn es gibt auch zwielichtige Seiten, die diesen Dienst inklusive Visum anbieten, den Kunden jedoch meist nur abzocken.
So begann also unser Urlaub und noch nie ging der Kelch der Reise an mir vorbei. Wann immer ich auf Flughäfen bin, geschieht etwas Seltsames oder mir fällt etwas Verstörendes auf. Dieses Mal waren es Bernerwürstel um heiße € 13,– am Wiener Flughafen, obwohl das Essen eher kalt war.
Wir flogen mit Quatar Airways, die sich vom Komfort direkt unter den Emirates Airlines befinden, nach Doha. Das Entertainmentsystem läuft schon vor dem Start und ich schaffte es insgesamt acht Filme anzusehen.
Die Bedienung kam selten, die zahlreichen Ansagen nervten mich tierisch und wieder einmal ging ein Gericht aus, doch Speisen und Getränke waren ok und wann immer jemand Hilfe benötigte, war sofort Personal da.
Doha ist ein größerer Flughafen, bei dem mich die Preise nicht so sehr schockiert haben. Dass sie jedoch bestimmte Dollarnoten nicht nehmen, dafür Euro akzeptieren, allerdings wiederum in Dollar herausgeben, ist nicht des Service letzter Schluss.
Ich gönnte mir ein letztes Rinderfleisch bei Burger King, wo ich auf den intelligenzbefreitesten Mitarbeiter dieser Fastfoodkette traf. Er überredete mich zu einem Menü, tippte alles gesondert ein und stornierte es wieder, woraufhin die Rechnung ellenlang wurde. Als ich ihn beim Rückflug wieder erspähte, verzichtete ich auf eine erneute Konfrontation.
Das obligatorische, islamische Gebet wurde von einer CD oder einem sehr monotonen Flughafenmitarbeiter abgespielt und schon saßen wir wieder im Flieger und ich frönte einem Film nach dem anderen.
Auch der Flughafen in Chennai war nicht makellos. Mitten auf dem Wag stand ein Förderband und ein Metalldetektor. Man musste sein Handgepäck scannen, durfte jedoch weder Gürtel noch Handy abgeben.
Dieser durchdachte, hinterhältige Mechanismus führte dazu, dass der Detektor bei jedem Fluggast piepste und niemand mehr hinter den Kontrollbildschirmen saß. Die Vorrichtung diente wohl nur für die Gäste um selbst überprüfen zu konnten, was sich im Gepäck befindet.
Bei der Einreise in das begehrte Land Indien waren wir an vorderster Front. Zwei Schalter hatten offen, die Fingerscanner brauchten eine Ewigkeit oder funktionierten dank starker Verschmutzung gar nicht, für jeden Gast benötigten die Beamten heiße zehn Minuten und hinter uns standen dreihundert Fluggäste.
Es war Mitternacht. Kaum eine Kontrolle ging problemlos von statten und der geneigte Leser darf sich nun selbst ausrechnen, wie lange die letzten Besucher des Landes gebraucht haben, um endlich einreisen zu dürfen.
Obwohl wir ein Taxi vom Hotel bestellt hatten, stritten sich die Fahrer um unser Gepäck und wollten dann alle ein Trinkgeld. Bei der Fahrt zählten wir die Kühe und Hunde auf den Straßen, doch bei Hundert gaben wir auf.
Unser vier Sterne Hotel, und ich bezweifle stark, dass man hier ein oder gar zwei Sterne weniger buchen möchte, befand sich etwas außerhalb, direkt am Meer. Das Personal war freundlich und vordergründig bemüht.
Zuerst dachte ich, dass mich die Mitarbeiter verarschen wollten, da sie immer den Kopf schüttelten, während sie mir halfen. Erst da verstand ich, dass es bei Indern drei unterschiedliche Kopfbewegungen gibt.
Ein Kopfschütteln heißt natürlich nein und ein Nicken ja. Mit dem Kopf wie ein Ägypter hin und her zu wackeln heißt jedoch nur, ich höre dir zu. Nur selten bekamen wir ein nicken, meist blieb es bei einem freundlichen Wackeln.
Die Trägheit der Inder war beeindruckend. Wenn wir etwas bestellten, wurde heftig gewackelt und dann eine Stunde Pause gemacht. Nur selten kamen mehr als ein Drittel der Bestellungen und selten vor zwei Stunden an.
Ich behaupte, dass Inder nur so tun, als würden sie Englisch sprechen! Gut, hier besteht Erklärungsbedarf: In Indien gibt es, wie in vielen asiatischen Ländern, so viele regionale Sprachen, dass sich die Bevölkerung untereinander nicht einwandfrei verständigen kann.
Zur Lösung dieses Problems wird in den Schulen Englisch unterrichtet. In manchen Schulen wird sofort begonnen, in anderen erst am Schluss. Die meisten Inder sprechen wohl irgendein Englisch, doch einer, der sich mit anderen unterhalten kann, sticht aus der Masse deutlich hervor.
Die Sprachmissverständnisse verbunden mit der Trägheit führten zu zahlreichen Verwirrungen, obwohl der Bräutigam selbst Inder war. Dies ging so weit, dass sogar der Boiler im Zimmer zehn Minuten verzögert reagierte oder einfach gar kein Warmwasser lieferte. Dafür war der Kühlschrank kaputt und frierte anstatt zu kühlen.
Richtig unangenehm wurde es jedoch erst, als wir an den Pool kamen. Irgendein Wahnsinniger hatte den schwimmunfähigen Aufsehern Pfeifen geschenkt, wodurch sie zu der Überzeugung kamen, dass sie nun jemand seien.
Erschreckend war jedoch, dass die Aufseher kaum Weiße, dafür ausnahmslos jeden dunkelhäutigen Menschen, einschließlich Bräutigam und Brautjungfern, anpfiffen und keine schwarze, erwachsene Frau den Pool betreten durfte.
Ich wusste von den indischen Verfeindungen zwischen den unterschiedlichen Regionen und zwischen den Kasten, doch dass sogar 4-Stern-Hotelgäste so behandelt werden, überraschte mich nachhaltig.
Die sieben Schirme am Pool für die 150 Zimmer waren wohl den Weißen vorbehalten und keinen dunkelhäutigen, zahlenden Gästen. In Restaurants bekam ich zuerst die Speisekarte und meine Freundin hatte Glück, wenn sie selbst bestellen durfte.
Auch wenn die Angestellten des Hotels bei Kritik endlich los legten, krankte alles noch an anderen Kleinigkeiten. Kein Taxi, nicht einmal Uber, holte uns so weit außerhalb ab und Internetpasswörter mussten im 24-Stunden-Rhythmus neu ausgedruckt werden.
Für die Hochzeitsfeier wurde ein riesiges Buffet bestellt, welches das Personal auch gleich wieder vergaß. Für den hohen Preis wurden dann kurzerhand einige vegetarische Saucen und viel Reis zur Verfügung gestellt. Dann ging noch der Alkohol aus, doch der Weg zum Lager um die Ecke war wohl zu weit. Dennoch hatten wir eine sensationelle Feier.
Inzwischen gibt es in Indien Essen aus aller Welt und ein Subway erhebt sich neben dem anderen. Das Buffet im Hotel war mittelmäßig, dafür teuer, doch sobald wir ein lokales Restaurant ausfindig gemacht hatten, waren wir im siebten Himmel. Von meinem Butter Chicken Masala träume ich noch heute.
Die indische Hochzeit war beeindruckend. Unsere hellhäutigeren Mädels mussten schon eine Stunde vorher zum Sari-Binden antanzen und waren stundenlang Zielobjekte diversester Handykameras, während sich die Männer kurzerhand Röcke mit eingebauten Taschen und Klettverschluss umwarfen.
Das Brautpaar hatte sich, zu meiner Erleichterung, für die kurze Version der Hochzeit entschieden. Die Feierlichkeiten begannen um sieben Uhr am Morgen und endeten nach dem Mittagessen zwischen ein und zwei Uhr. Die lange Version würde drei Tage dauern, welche angeblich heute kaum noch zelebriert wird.
Drei Priester bereiteten die Rituale vor, wogen uns mit rhythmusbefreitem Sing-Sang in Stimmung und kontrollierten sich untereinander skeptisch. Während wir das Brautpaar zum X-ten Mal mit reiß bewarfen, saßen zwei Priester mit Handy und Tablett beisammen und diskutierten über die Richtigkeit der Abläufe.
Frühstück und Mittagessen machten für mich keinen Sinn, bis uns ein Betreuer erklärte, welche von den zahlreichen Breien, Pasten und Reishäufchen mit welchen kombiniert werden können. Das veränderte einfach alles und meine Experimentierbereitschaft stieg.
Auch wenn ich dieses Essen nicht jeden Tag wollen würde, war es echt lecker und erinnerte ein bisschen an Indiana Jones und den Tempel des Todes. Die Hochzeit und die zahlreichen Rituale waren ein Erlebnis, das ich nicht missen möchte.
Die abendliche Feier fand erst am nächsten Tag statt und anschließend besichtigten wir Tempel und Sehenswürdigkeiten der Region. Am coolsten war das hinduistische Heiligtum mit der Beef-Burger-Werbung.
Der Hinduismus ist allgegenwärtig und was heilig ist, ist meist sauber und schön. Doch sobald man von den Wegen des Haupttourismus abkommt, versinkt man leider in Schmutz und unzähligen Krankheiten.
In Chennai und auf den Straßen herrscht Chaos. Linksverkehr wäre hier meine kleinste Sorge, denn die einzige Regel lautet wohl: Wer zuerst hupt, hat Vorrang. Selbst Sperrlinien dienen nur zur Zierde und da alle ständig hupen, gibt es eigentlich keine Regeln. Gefahren wird auf Gefühl.
Arm und Reich kuscheln sich hier aneinander. Von einem Fünfsternehotel in der Stadt hat man gerne einmal einen wunderschönen Ausblick auf Wellblechhütten, die an das nächste Luxusareal grenzen. Reichtum umgeben von Schmutz und Krankheiten.
Doch nicht zuletzt wegen dem hervorragenden Essen war ich traurig, als wir schließlich das Land verließen, um nach Sri-Lanka weiterzufliegen. Natürlich konnte der Flughafen nicht ereignislos an mir vorrübergehen und die Tussi in Militäruniform wartete schon auf mich.
Sie wollte mich unentwegt von einer Schlange in die nächste schicken, während mein Handgepäck schon einen gänzlich anderen Weg genommen hatte. Und wieder versperrten uns wahllos Förderbänder den Weg, bei denen wir nachher zumindest einen „Gut-Gemacht-Sticker“ bekamen.
Die kleine Flugfirma von Chennai nach Colombo war abenteuerlich und bei der Einreise nach Sri-Lanka kamen wir erst in die Schlange für die Ausreise und dann für den Zoll. Und bei der Abfahrt hatte der gesamte Flughafen einen Stromausfall. Der Begriff Effektivität hat sich in ihrer Sprache wohl noch nicht durchgesetzt.
Nach Sri-Lanka werden augenscheinlich gigantische Mengen an Waren durch Einzelhändler am Flughafenzoll eingeführt. Sofort standen zwei Jungs bei uns und fragten, ob wir für sie ein paar Flaschen Alkohol schmuggeln könnten. Sonst noch Wünsche?
Sri-Lanka ist hauptsächlich buddhistisch, weshalb alle gängigen, europäischen Fleischgerichte im Angebot sind. Neben Subway kämpft hier auch Burger King um die Fastfood-Franchise-Herrschaft. McDonalds hab ich persönlich in beiden Ländern keinen gesehen.
Wir gingen auf Safari, wo uns knapp ein Leopard entkam, besuchten ein Heim für Elefanten und eine Schildkrötenaufzucht, die die kleinen Racker mit drei Jahren und gigantischem Umfang ins Meer entlässt.
Auf einem Quadratkilometer befinden sich hier, genauso wie in Bali, hinduistische, buddhistische und islamistische Tempel und symbolisieren eine Religionsverständigung. Nur die Kammer zum Zahn von Buddha war leider versperrt. Das Bild an der Wand daneben hatte nicht unbedingt den gleichen Effekt erzielt.
Wir besichtigten Tee- und Gewürzplantagen, trafen drei Stachelschweine und kauften verschiedenen Currypulver und einige andere Besonderheiten, mit denen ich noch nicht wirklich weiß, was genau ich damit anfangen werde.
Im Hotel diskutierte ich mit den Bediensteten bei einigen Cocktails über Buddhismus, wobei mir erklärt wurde, dass diese Religion nichts Böses beinhalten würde. Als ich nach den zehn Höllen fragte, wurde ich aufgeklärt: Buddha macht nur Gutes, alles Negative stammt von den Menschen. Wenn es mit den Religionen nur so einfach wäre.
Als mich noch einer der Jungs fragte, ob ich einen Joint hätte, verabschiedete ich mich höflich. Abgesehen davon, dass ich keine Joints rauche, was denkt der? Dass ich bei Flügen von Europa nach Doha, von Doha nach Chennai und von Chennai nach Colombo Drogen mitgeschmuggelt habe? Bei meinem Glück mit Flughäfen! Natürlich. Ich komme gerade von einem Trip aus Amsterdam.
Nachdem wir den trockensten Fisch und das trockenste Hühnchen aller Zeiten hinuntergewürgt hatten und immer weitere Restaurants ausprobierten, mussten wir einsehen, dass Sri-Lanka kulinarisch augenscheinlich nicht herausragend war.
Das Alleinstellungsmerkmal Curry ist schon lange keines mehr und auch der Rest vermochte es nicht uns zu begeistern. Vielleicht besuchten wir auch einfach die falschen Lokale. Der Strand gehörte uns fast allein, das Meer war traumhaft und der Urlaub ein voller Erfolg.
Sogar die Heimreise verlief problemlos. Das Gepäck und die Bahnen warteten bereits auf uns und ich wurde zu meinen Flughafentraumatas zum Ausgleich noch nie bei der Einreise ins eigene Land kontrolliert.
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